Vorgestern bin ich aus der S-Bahn ausgestiegen.

Nach ein paar Schritten höre ich hinter mir ein: „Sorry, sorry!“

Ich drehe mich um.

Eine Frau beginnt mit mir auf Englisch zu sprechen.

Ihr gefällt mein roter Mantel und sie fragt mich, ob ich eine Künstlerin sei.

Ich verneine.

Sie sagt, ich sehe so aus.

Dann fragt sie:

„May I ask you where you are from?”

Auf Deutsch: Kann ich sie fragen, woher sie kommen?

Und da ist sie wieder diese Frage nach der Herkunft.

Das kennst Du auch?

Das ist jene Frage, die mich oft verrückt macht.

Ich frage mich, warum stellt sie diese Frage?

Aber ich will nett bleiben und antworte:

„From here“.

Ich habe gerade keine Lust auf eine Diskussion über meine Kulturen.

Ich freue mich, dass sie nicht auf eine weitere Antwort besteht.

Aber warum die Frage?

Warum hat mich die Frau auf Englisch angesprochen?

Ihrem Akzent nach zu urteilen, war sie deutschsprachig.

Der einzige Grund, der mir in den Sinn kommt ist,

dass sie gedacht hat, dass ich nicht aus Deutschland bin.

Schlimmer noch, sie hat gedacht, ich verstehe kein Deutsch.

Warum?

Wie bereits bekannt, hatte ich viele Diskussionen über dieses Thema.

Immer wieder sagt man mir, dass aus Neugier gefragt wird,

dass keine bösen Absichten dahinter stehen usw…

Das sicher nicht.

Aber kann man nicht einfach nebeneinander laufen ohne sich ständig darüber Gedanken zu machen, welche Herkunft der andere hat?

Warum muss man den Herkunftsaspekt immer so stark betonen?

Ich laufe nicht ständig herum und rate: Der ist sicher aus Freiburg, die ist aus Heilbronn, der aus Dörpen.

Sind es die Medien?

Ist das die Art und Weise, wie der andere aufgewachsen ist?

Ist es durch die Art und Weise, wie er/sie die Welt sieht?

Ich meine, ich bin ja tatsächlich nicht in Deutschland geboren und habe meine Kindheit auch nicht hier verbracht 🙂

aber ich habe eine deutsche Mutter, und habe längere Zeit hier gelebt.

Durch meine Person fließen einfach viele Kulturen.

Das ist für viele schwer zu verstehen, dass man zwar „gemischt“ ist, aber trotzdem dazugehört.

Diese Situation in der Sbahn hat mich an den letzten Hashtags erinnert,

den ich in den sozialen Medien vor kurzem gelesen habe.

Wenn Du in den sozialen Medien unterwegs bist, vor allem auf Twitter,

wird dir wahrscheinlich dieser Hastag aufgefallen sein,

der sich mit diesem Thema beschäftigt.

#vonhier

#vonhier ist der aktuelleste, den ich bezüglich der Frage: „woher kommst du?“ gelesen habe.

Unter diesem Hashtag haben diejenigen gepostet,

die aufgrund ihres Aussehens ständig Erklärungen abgeben müssen.

Bei folgendem habe ich echt gelacht, obwohl es auch etwas traurig ist.

Als ob die Ethnie darüber Auskunft gibt, ob man gut oder schlecht spricht.

Sprache ist nicht genetisch übertragbar.

Bei diesem Tweet hätte ich auch mit den Augen gerollt:

Ich glaube, diese Art von Gesprächen kennen Menschen, die viele Kulturen haben nur zu gut.

Was sind Deine Erfahrungen?

Hier auch noch ein schönes Beispiel:

All diese Erfahrungen werden nicht nur in Deutschland gemacht.

Sondern in allen anderen Ländern, die ich besucht habe.

Wie oft habe ich die Frage: „¿De dónde eres?“ gehört….

Und wie oft habe ich den Kopf geschüttelt?

Muss man denn, wenn man Spaghetti kauft, unbedingt wissen, woher der Kunde kommt?

Es scheint ein menschliches Bedürfnis zu sein, andere in bekannte Kategorien und Bilder einzuordnen.

Vielleicht kennst Du auch schon dieses sehr populäre Video auf Englisch:

Ein Jogger und eine Joggerin treffen aufeinander und haben ein Gespräch:

Der Jogger fragt: Woher kommst du? Dein Englisch ist perfekt.

Die Joggerin antwortet: Aus San Diego. Wir sprechen Englisch dort.

Jogger: Oh.. Mmh.. woher kommst du?

Joggerin: Ich bin in Orange County geboren, aber ich habe dort eigentlich nie gelebt.

Jogger: Ich meine, davor.

Joggerin: Bevor ich geboren wurde?

Jogger: Mmh.. woher kommt deine Familie?

Joggerin: Also, meine Urgroßmutter war aus Seoul.

Jogger: Koreanerin. Ich wußte es. Ich habe auf Japanerin oder Koreanerin getippt, aber ich habe zu Koreanerin tendiert.

ect…

Wie Du siehst, scheint es ein weltweites Phänomen zu sein, was Menschen in anderen Ländern genauso nervt! 🙂